Ein Turm sucht seinen Meister
(Teil II)
Kurz nach diesem Zwischenfall
errichteten Sie ein Nachtlager, um sich für die bevorstehenden Ereignisse zu
wappnen.
Am nächsten Morgen stiegen sie den
Pfad hinauf bis zum Gipfel. Den Turm, der direkt aus dem Gipfel herausragte,
konnten sie erst auf dem letzten Stück Weg sehen.
Am Fuße des Turmes angekommen,
sahen sie, dass der Turm direkt aus dem Felsen zu wachsen schien und sie
entdeckten weder Tür noch Fenster. Der runde Turm selbst erstreckte sich über
geschätzte der Stockwerke, wobei ganz oben eine Aussichtsplattform zu sein
schien.
Jerome seilte sich an und während
er von Kalidor und Salomon gesichert wurde, kletterte er um den Turm herum auf
der Suche nach einer Öffnung, entdeckte aber nichts. Er bemerkte aber, dass ein
weiterer Pfad den Berg heraufführte, welcher aber etwa Einhundert Schritt
unterhalb des Gipfels einfach endete.
Da die beiden zusammengeknoteten
Seile, welche Salomon und Kalidor bei sich hatten, nicht bis nach unten
reichten, kletterte zuerst Kalidor am Seil hinab und suchte nach einer Stelle
zu der auch die anderen hinunterklettern und dort warten konnten.
Auf der ersten doppelten Seillänge
passierte nichts, alle konnten ohne Zwischenfall zu dem Standplatz absteigen.
Kalidor überbrückte als Erster die letzten Fünfzig Schritt, gefolgt von Jerome,
welcher aber kurz vor dem Ende ausrutschte und die letzten Zehn Schritt
hinunterfiel und sich dabei ein wenig verletzte. Die Anderen kletterten das
letzte Stück ohne Absturz hinunter.
Die Gefährten standen nun vor einer Öffnung im Felsen, welche wie ein Eingang zu einer Mine aussah. Auf den ersten Metern konnte man erkennen, dass dieser Minenschacht nur grob behauen worden war und die Felsendecke in regelmäßigen Abständen mit Holzbalken abgestützt war.
Salomon entzündete eine Fackel und die Gruppe betrat den Minenschacht.
Gunrasa ging zuvorderst, gefolgt von Jerome und Salomon. Kalidor sicherte nach hinten ab. Sie marschierten eine Zeitlang durch den Schacht, ohne dass sie etwas auffälliges entdeckten. Der Schacht führte stetig bergauf und verlief dabei spiralförmig.
Gunrasa tat einen Schritt,
plötzlich gab der Boden unter ihr nach und sie fiel in eine Grube deren Boden
mit spitzen Holzschäften gespickt war. Jerome konnte gerade noch rechtzeitig
stehen bleiben, sonst wäre er ebenfalls in die Grube gefallen.
Gunrasa konnte ihren Sturz
einigermaßen abfangen, sodass sie von den Spießen nicht aufgespießt sondern nur gekratzt wurde. Kalidor und
Salomon halfen der verwundeten Zwergin aus der Fallgrube heraus, während sich
Jerome den Mechanismus genauer ansah. Die Falle verlief über die gesamte Breite des Minenschachtes und war knapp zwei Meter lang. Kalidor sprang mit einem Seil in der Hand, welches zuerst an einem Holzbalken an der Decke befestigt worden war, über die Fallgrube hinweg und knotete das andere Seilende an einen weiteren Deckenbalken. So konnten nun alle über die Grube hinweg auf die andere Seite klettern. Nach einer kurzen Pause marschierten sie in der gleichen Reihenfolge wie zuvor weiter.
Nachdem sie eine Weile marschiert
waren, rief Jerome: „Keiner bewegt sich weiter vorwärts!“
Der Boden vor Gunrasa bestand aus
vielen kleinen Erhebungen und das auf einer Länge von einigen Metern. Für
Jerome roch dies eindeutig nach einer Falle. Er untersuchte diese Erhebungen
und stellte fest, dass einige davon sich unter leichtem Druck nach unten
verschoben. Dies löse wahrscheinlich eine tödliche Falle aus, behauptete
Jerome. Vorsichtig, einen Fuß vor den anderen zwischen die Erhebungen setzend,
schlich er zum anderen Ende, dort wo der Boden wieder normal geformt war.
Nach und nach kamen auch die
restlichen Mitglieder seiner Gruppe nach.
Als alle auf der anderen Seite
waren, ohne die Falle auszulösen, machte sich Jerome daran, auf dieser Seite
nach einem Deaktivierungsmechanismus oder so etwas Ähnlichem zu suchen. Nach
kurzer Suche fand er hinter einer kleinen Steinplatte einen Hebel, welchen er
nach kurzer Erforschung betätigte. Er hörte hinter der Felswand, wie sich eine
etwas nach unten bewegte, aber ansonsten tat sich nichts. Nach kurzem Zögern
aktivierte er die Falle wieder und er und seine Kameraden setzten ihren Weg
fort.
Schon nach ein paar Schritten
standen sie vor einem Hindernis, welches ein Weiterkommen unmöglich machte,
eine glatte Wand versperrte den Weg. Auf dieser Wand prangte das Symbol der
Göttin Wee-Jas, der Göttin der Magie.
Jerome suchte ergebnislos nach
einem Mechanismus um die Wand zu öffnen. Es folgte eine lange Diskussion
darüber, wie man diese Wand, welche eindeutig eine Tür sei, aufbekommen könnte.
Auch als alle nach einem Öffnungsmechanismus suchten, fanden sie keinen.
Erst nach einiger Zeit fiel
Salomon ein, dass sie ja im Quartier des toten Paladins einen Zettel mit zum
Großteil unleserlichen Schriftzeichen darauf, doch ein paar Worte waren lesbar
gewesen. Also holte Salomon den Zettel aus seinen Taschen und lass die lesbaren
Wörter laut vor.
„Drache ….“ Nichts rührte sich
„Untote …“ ebenfalls nichts„Lamasu …“ ein leises rasseln wies darauf hin, dass sich nun etwas tat.
Und tatsächlich, kaum waren die
Worte verklungen, schob sich die Wand langsam in die darüber liegende Decke und
gab den Blick in eine Vorratskammer frei.
Vorsichtig betraten die Gefährten
die runde Kammer und sahen sich um. In den Regalen lagerte frisches Obst und
Gemüse, gepökeltes Fleisch und in etlichen Säcken befand sich Mehl und sogar
Reis, alles unverdorben. Jerome wunderte sich doch etwas darüber, dass die Lebensmittel alle unverdorben waren, doch Salomon hatte eine einfache Erklärung, die Lebensmittel wären durch Magie frisch gehalten.
In der Mitte der Vorratskammer führte eine Wendeltreppe nach oben.
Langsam und auf verdächtige
Geräusche lauschend schlich die Gruppe die Treppe hinauf und stand vor einer
Tür. Jerome untersuchte die Tür nach Fallen und als er keine entdecken konnte,
öffnete er diese langsam. Dahinter sah er einen Teil eines Raumes, der im
Erdgeschoss des Turmes liegen konnte, da von Fenstern Licht hereinfiel. Er sah
an der Wand ein Lesepult und eine Bank. Da sich ansonsten nichts rührte,
betraten alle diese Ebene.
Auch diese Ebene war kreisrund, so
wie der Turm. Es befand sich hier vier Lesepulte, an der Wand ein paar
Bücherregale und Sitzbänke. In der Mitte des Raumes führte eine weitere
Wendeltreppe nach oben.
Salomon entdeckte auch eine Tür in
der Außenmauer. Langsam öffnete er diese und warf einen Blick hinaus. Hinter
der Tür befand sich das Ende des Pfades, den sie von der Zwergenfestung hier
herauf genommen hatten. Salomon trat hinaus und schloss die Tür hinter sich.
Als er sich umdrehte, konnte er die Tür und die Fenster nicht mehr entdecken. Wäre da nicht Jerome gewesen, der im die Tür wieder von innen öffnete, hätte er einen anderen Weg in den Turm suchen müssen. Er teilte seine Entdeckung den anderen mit und erklärte ihnen diese magische Illusion ganz genau. Danach stiegen sie die Wendeltreppe auf die nächste Ebene hoch.
Hier befanden sich viele, viele Bücherregale, welche mit Büchern und Schriftrollen vollgestopft waren. Dies weckte Salomons Neugier. Er wollte eines der Bücher berühren, doch als seine Haut den Buchrücken nur streifte, erhielt er einen heftigen elektrischen Schlag. Da er es genauer wissen wollte, griff er nach einem weiteren Buch und erhielt auch hier einen elektrischen Schlag. Er fluchte laut, da offensichtlich alles hier auf magische Weise geschützt war.
Die Bücher die hier gelagert wurden, trugen zum Teil Titel in einer Sprache, die keiner von Ihnen lesen konnte. Auf manchen prangten Abbildungen von Drachen und anderem Getier, andere waren mit schlichtem Leder gebunden.
Da sie nichts berühren konnten, stiegen sie die Wendeltreppe in die nächste Ebene hoch. Bei dieser Ebene durfte es sich um eine Wohnebene handeln, denn hier befanden sich ein großes Bett, ein Kleiderschrank, ein Waschtisch und eine kleine Küche. Auch hier fanden sie nichts Besonderes.
Daher stiegen sie noch eine Ebene höher und befanden sich auf der letzten Ebene des Turmes. Hier gab es vier hohe Türen, welche auf einen Wehrgang hinausführten, der um den Turm herumging. An den Wänden hingen acht Wandgemälde, welche acht verschiedene Arten von Drachen zeigten.
Da es bereits dämmerte und sie auch hier keine Hinweise finden konnten, beschlossen sie im Erdgeschoss zu nächtigen um am nächsten Tag zurück zur Zwergenfestung zu gehen.
Sie schlugen ihr Nachtlager auf und Jerome sicherte unterdessen den Vorratskeller, indem er Wasserfässer an die bewegliche Wand stellte und zwar so, dass diese, falls sich die Wand bewegte, umkippen und ordentlich Lärm machen würden.
Die Nacht verlief einigermaßen
ruhig für die Gruppe, erst kurz vor der Morgendämmerung wurden sie durch den
Lärm, den die umstürzenden Fässer im Keller verursachten geweckt. Sofort hatten
sich alle bewaffnet und harrten der Dinge, die da kommen würden.
Zuerst sahen sie wie Fackelschein
über die Wendeltreppe ins Erdgeschoss fiel, dann stürmte ein gerüsteter Krieger
in den Raum, gefolgt von einem weiteren.Als Jerome seinen Armbrustbolzen abfeuerte, schien es als würde die Zeit einfrieren. Alles bewegte sich nun extrem langsam und das Sichtfeld färbte sich blau.
Als sie alle wieder normal sehen
konnten, befanden sie sich in einer vollkommen anderen Umgebung. Sie standen in
lockerem Sand am Ende eines Ovals auf der anderen Seite des Ovals standen
ebenfalls vier Gestalten. Ein Mensch in Kettenhemd, mit Schild und Schwert. Ein
Elf in Lederrüstung mit Langschwert. Ein weiterer Mensch in Kettenhemd mit
Morgenstern. Und noch ein Elf in einer Kutte. Diese Vier waren genauso verwirrt
wie die Gefährten.
Mitten in dieser Arena erschien
nun das Symbol Wee-Jas und eine Stimme erklang.
„Die Kontrahenten sind vollzählig.
Möge der Wettstreit um die Meisterschaft beginnen.“
Die Gefährten sahen sich an, da
sie nicht so recht wussten, was sie davon halten sollten. Salomon beobachtete,
wie der Elf in den Roben versuchte einen Zauberspruch zu wirken, aber nichts
passierte. Daher versuchte er es ebenfalls und als sich nichts tat, war er sich
sicher, dass hier keine Magie funktionierte.
Die restlichen Mitglieder der
anderen Gruppe stürmten nun auf die Gefährten los und schwangen dabei ihre
Waffen. Die Gefährten selbst blieben wo sie waren und beschossen die Angreifer.
Dieser Waffengang war schnell entschieden. Die Gefährten machten die Anderen ohne viel eigenes Blut zu verlieren nieder.
Als der letzte der Angreifer zu Boden fiel, flimmerte kurz die Luft und die Gefährten befanden sich wieder dort, wo sie zuerst in der Arena waren. Auch die andere Gruppe war wieder vollzählig und vollständig geheilt an ihrem Ausgangspunkt. Wiederum erschien das Symbol Wee-Jas mitten in der Arena und wieder ertönte eine Stimme.
„Möge die nächste Runde beginnen!“
Salomon sprach sofort den Zauber
Feuerball und lies diesen mitten in der gegnerischen Gruppe explodieren. Diesmal
funktionierte die Magie und Salomons Zauber wütete verheerend unter den
Angreifern. Als Salomons Kameraden dies sahen, stoben sie sofort auseinander um
dem gegnerischen Magier, kein Ziel für einen Flächenzauber zu bieten.
Die Gefährten hielten wieder ihre
Stellung und deckten die heranstürmenden Angreifer mit Armbrustbolzen und
Pfeilen ein. Nur der Krieger schaffte es diesmal bis zu Gunrasa, welche etwas
vorgerückt Stellung bezogen hatte, aber er hielt nicht lange gegen die Kurze
durch. Auch dieses Duell konnten die Gefährten für sich entscheiden.
Als der letzte Angreifer zu Boden
ging, flimmerte wiederum die Luft, alles färbte sich blau und kurz darauf
befand sich die Gruppe wieder im Turm. Diesmal in der obersten Ebene. Mitten im
Raum schwebte das Symbol der Götting Wee-Jas und sprach zur Gruppe.
„Der Turm hat seine neuen Meister.
Dient ihm gut und ihr werdet gut und lange leben.“
Die Gruppe erfuhr von dem
schwebenden Symbol des Weiteren, warum dieser Turm einen oder auch mehrere
Meister brauchte. Solange der Turm einen Meister hatte, konnte kein Drache sich
innerhalb eines Tagesrittes um den Turm aufhalten. Die Meister des Turms
mussten zumindest einmal im Jahr einen vollen Tag im Turm verbringen um diese
Wirkung aufrechtzuerhalten. Den Meistern des Turmes standen alle Bücher und
Schriftrollen nach und nach zur Verfügung.
Danach verschwand das Symbol und
die Gefährten waren wieder allein im Turm. Nach einiger Zeit stiegen sie hinab
in die Bibliothek des Turms und Salomon berührte ein Buch und nichts geschah. Auf
einem kleinen Tisch entdeckte er nun vier Bücher, die zuvor noch nicht dort
gelegen hatten. Als er sich diese genauer ansah, sah er, dass auf jedem der
Bücher eine andere Klasse abgebildet war. Auf einem Buch war ein Magier, auf
einem anderen ein Waldläufer, auf dem nächsten ein Schurke und auf dem vierten
ein Krieger abgebildet. Die Gefährten schnappten sich die Bücher und begannen diese
zu lesen. Bei diesen Büchern handelte es sich um sogenannte Lehrbücher, welche
demjenigen, der sie las, auf magische Weise neue Fertigkeiten lehrte.
Der Turm dessen Meister die Gefährten nun sind
Die Gefährten verbrachten eine
weitere Nacht in dem Turm und studierten die Bücher. Am nächsten Morgen machten
sie sich auf den Rückweg zur Zwergenfestung.